Fremd sein…

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BLOGPARADE: ICH WAR FREMD

Ein sehr bewegender und eingängiger Artikel, in dem sich die meisten von uns wohl wiederfinden. Wer von uns ist nicht schon oftmals umgezogen. Neue Stadt, neue Kollegen oder Schulkameraden. Immer wieder von vorne anfangen. In der Wohnung riecht es anders als wie man es gewohnt ist. Auch das Licht ist anders, obwohl es doch die selbe Sonne ist die scheint.

Mein Mann, der kennt das nicht. Und auch sein Vater und dem sein Vater kennen und kannten das nicht. Alle Generation dieser Familie leben ihr ganzes Leben schon auf diesem Hof. Mein Schwiegervater ist jetzt 76 Jahr alt. Und er hat noch nie die Umzugskisten gepackt. Beneiden Tue ich ihn da nicht drum.
Da mein Mann nicht weis was es heißt „fremd zu sein“ fällt es ihm auch schwer zu verstehen, was in mir vorgeht, wenn ich sage: „das hier fühlt sich nicht an wie zuhause“. Er ist dann traurig und meint das wäre aber doch jetzt mein Zuhause, unser Zuhause. Aber wie kann sich etwas nach nur 4Jahren (so lange wohne ich jetzt hier) genauso anfühlen wie mein Zuhause bei meinen Eltern, das übrigens immer mein Zuhause bleiben wird. Ich habe in den fünf Wohnungen, die ich in meine 40 Lebensjahren bezogen habe nicht eine Sekunde etwas auch nur annäherndes empfunden, wie ich es fühle wenn ich bei meinen Eltern in der Küche stehe. Auch wenn die Küche längst nicht mehr die selbe ist, wie die, als ich noch dort wohnte.
Manchmal habe ich Glück und sie sind nicht da wenn ich nur mal schnell was vorbei bringe. Dann setzte ich mich auf das weiche Sofa oben bei Papa im Büro und bin ganz leise. Das ist Zuhause sein.
Wahrscheinlich ist auch das der Grund warum ich Heiligabend immer dort verbringen möchte. Eben Zuhause.

Aber eigentlich wollte ich ja was vom Fremdsein schreiben.
Das ist schon eine komische Sache mit dem fremd sein. Für die meisten scheint es sich sehr negativ dazustellen. Das kann ich so nicht uneingeschränkt stehen lassen. Fremd sein ist auch eine Chance.
Als ich vor 15Jahren nach Ingolstadt gezogen bin war ich auch fremd und bin es auch eigentlich immer geblieben. Aber ich habe viel gelernt. Wie man sich anpassen kann, ohne sich zu verlieren. Wie man neu starten kann ohne den ganzen alten Ballast. Dinge anzunehmen die fremd sind und damit seinen Horizont zu erweitern.
Dieses Glück hatte mein Mann nie. Aber ich erzähle ihm immer fleißig davon und versuche ihm so ein bisschen da dran teil haben zu lassen. Alleine schon, damit er versteht was es heißt „Fremd zu sein“ wenn ich ihm versuch klar zu machen das das hier im Augenblick noch seins und das seiner Eltern ist. Aber nicht meins.

Als ich vor vier Jahren hier ankam, Hatte ich all mein Hab und Gut in 30 Kisten verpackt. Bevor unsere Wohnung bezugsfertig war, musste ich aber alles noch ein Jahr einlagern. Das war eine wirklich schlimme Zeit und zu der Zeit war ich auch viel bei meinen Eltern, die jetzt zum Glück nicht mehr weit weg wohnten. Ja, da war ich wirklich fremd. Wir wohnten besagtes Jahr in einem kleinen Zimmer in der Wohnung meiner Schwiegereltern. Ich war Quasi immer Gast im eigenen Haus. Und ich glaube, so richtig verstanden hat das hier niemand, obwohl sich alle redlich mühe gegeben haben. Aber auch diese Zeit ist verstrichen und ich konnte einiges an Lebenserfahrung dazugewinnen.
Zu der Zeit ist mir klar geworden, wie wichtig es ist, wenn schon alles Fremd ist, doch wenigsten immer seine „Krempel“ Dabei zu haben.
Erst das auspacken seiner gewohnten Sachen und Dinge gibt einem einen Hauch von „Zuhause“ wieder. Es sind gute alte Bekannte, die immer da sind und die wenigstens wie „Zuhause“ riechen. Das wird wohl auch der Grund sein, warum ich alte Möbel so mag und vor allem alte Dinge die mal meinen Eltern gehörten. Ich webe mich ein mit Erinnerungen an „Zuhause“ und schon ist es etwas besser.
Ihr solltet mal sehen, wie mein Auto ausschaut wenn ich für zwei Wochen zum Arbeiten nach München fahre. Ich brauch dringend ein größeres Auto.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf das ich irgendwann mal mit voller Überzeugung sagen kann: „ Dieser Hof und dieses Haus, das ist mein Zuhause“ Aber im Augenblick genieße ich noch die Vorfreude auf diese Zeit.

7 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Liebste Kati,
    weißt du eigentlich, dass du für mich ein Teil meines Zuhauses bist? Du bist jemand, der mir zeigt, dass Zuhause auch ein zwischenmenschliches Empfinden sein kann, unabhängig von Orten. Ich bin selbst mehrfach umgezogen und mein elterliches Zuhause auch, ohne mich und ohne mich zu fragen. So ein „Zuhause“, von dem du schreibst, existiert für mich örtlich also nicht mehr, aber DU bist auch eine derjenigen, die mich, ganz aus sich selbst heraus, erkennen lassen, dass es noch eine andere Form von Zuhause gibt. Dieses tief verankerte Gefühl, sich nicht groß erklären zu müssen, erkannt zu werden, in gemeinsamen Momenten, losgelöst von Zeit und Ort. Das wünsche ich Dir auch von ganzem Herzen und ich bin mir sicher, dass du dieses Zuhause bereits hast, denn du hast das alles geschafft, wovon du geschrieben hast und du bist da! <3

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  2. Hallo Katrin,
    wie schön, dass es für dich einen richtigen Zuhause-Ort gibt. Ein Ort, der schon viele Jahre existiert und an dem man jederzeit willkommen ist. So etwas wünsche ich mir sehr, existiert aber nur in der Erinnerung in meinem Kopf.
    Mit meinen Eltern bin ich häufig umgezogen. Jetzt wohnen beide, jeder für sich, in einem kleinen Appartement. Das ist einfach nicht mein Zuhause, dort bin ich nur zu Besuch und ein bisschen fremd. Mein Zuhause ist unsere Wohnung. Hier bin ich niemals fremd. Hier bin ich angekommen, auch wenn es bestimmt nicht die letzte Wohnung in meinem Leben sein wird.
    Viele Grüße

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