Gestalten oder geduldig sein.

Gestalten oder gedultig sein

Nun kann ich schon auf fast 20 Jahre Berufserfahrung zurückblicken.
20 Jahre in denen ich Tag ein Tag aus Fotos für die Werbeindustrie gestaltet habe. Ich habe mir Bauten (Raumsituationen) überlegt, Möbel nach Kamerastandpunkt eingerichtet, Gardinen aufgehangen, Bilder ausgesucht, Dekoration arangiert und vieles mehr um am Ende das best möglichste Foto zu bekommen. Ich und das Team in dem ich arbeite haben zusammen, vom kleinsten Nagel an bis zur Fertigstellung dieses Bildes alles ganz genau gestaltet und eingerichtet.
Wie schon erwähnt habe ich vor einiger Zeit wieder angefangen in meiner Freizeit zu fotografieren. Da kann ein bisschen Bildung nicht schaden dachte ich mir. Zu meinem 17ten Geburtstag bekam ich meine erste Kamera geschenkt. Und damit ich auch weis was ich da tue, dazu ein Buch mit dem einschüchternden Titel „Grundlagen der Fotopraxis“. Das Buch habe ich zum Glück noch. O.K. Seit den letzten 23 Jahren hat sich doch so einiges getan auf dem Kameramarkt. Aber die optischen und physikalischen Gesetze sprich die Grundlagen der Fotografie, haben sich laut meines Wissens nicht geändert. So falsch kann das nicht sein was in einem Buch über Fotopraxis steht, das 23 Jahre alt ist.
Im ersten Kapitel geht es um das Thema „fotografisches Sehen“.Und in der Tat sehe ich die Dinge jetzt mit einem ganz anderen (fotografischen)-Auge als vorher und fühle mich fast ein bisschen erhellt. Habe ich doch zuvor meine Aufnahmen bis ins kleinste Detail ganz bewusst gestaltet, (So, die Kamera steht. Nun mach alles drum herum schön) so versuche ich nun zu sehen, was ohne mein gestalterisches dazutun schön ist und dieses in einem wirkungsvollen fotografischen Bild umzusetzen. Wenn ich beispielsweise eine schöne Blume sehe versuchte ich sie so lange zu drehen und zu verbiegen bis sie im rechten Licht steht. Meist brach ich sie dabei ab und schon war es vorbei mit der Schönheit.
Macht das einen guten Fotografen aus, die Schönheit in den Dingen zu sehen und sie einzufangen ohne sie zu „berühren“? Und die Fähigkeit, zu erkennen, wenn die Blume nicht im rechten Licht steht, ist sie entweder nicht die richtige Blume und man muss weiter suchen, oder man muss die Geduld haben, zu warten bis das Licht wandert.
Mir scheint Fotografie hat mehr mit Geduld zu tun als ich bisher angenommen habe.

3 Kommentare Schreibe einen Kommentar

  1. Wenn ich mir so überlege, wie viele Stunden ich im botanischen Garten mit der Kamera verbracht habe, um Eidechsen oder andere Viecher abzulichten, dann hat das schon viel mit Geduld zu tun. Doch manchmal muss man auch besonders schnell sein, wenn man zum Beispiel in einer fremden Stadt unterwegs ist und plötzlich etwas Besonderes entdeckt, das man schnell festhalten möchte.

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  2. Ja, da hast du wohl recht.
    Botanischer Garten ist aber ein Prima Stichwort. Ich glaube da fahre ich nächstes Wochenende mal hin. Also ich mein jetzt den in Gütersloh. Diese Laubgänge sehen jetzt im Herbst immer besonders schön aus.

    LG, Katrin

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  3. (Oh, hier gibt’s ja viel Interessantes zu lesen …)

    Fotografie macht (Schnappschüsse außer acht) definitiv umso mehr Freude, je mehr Geduld man ihr widmet. Ich erinnere mich bis heute an einen Sommertag in der Bretagne vor rund 25 Jahren, an dem ich anderthalb Stunden auf dem Bauch am Strand lag, bis die Flut genau da war, wo ich sie haben wollte. Und ein einzelnes Bild, das ich mir erarbeite, er-warte, indem ich drei oder dreißig suboptimale Ausschnitte und Blickwinkel verwerfe, bekommt (für mich zumindest) einen höheren Wert, als wenn ich das vordergründig gleiche Foto hinterher aus einem riesigen Konvolut Bilddatenmüll heraussuche.

    Nochmals steigern lässt sich das Geduldserlebnis natürlich, indem man wieder mit Film fotografiert und in die Dunkelkammer usw …, da wird es meditativ in einem Maß, das ist mit Photoshop einfach außer Reichweite 🙂

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