Ein nettes kleines Buch mit einem vielversprechenden Titel und einem locker leicht gestalteten Umschlag. Zufällig bei Amazon drüber gestolpert. Kurzerhand auf die Wunschliste gepackt und schon liegt es zwei Wochen später unterm Weihnachtsbaum. Klingt alles ganz locker leicht und entspannt. Bis ich dann den ersten Absatz gelesen habe…
„ICH LEGE KEINE EIER MEHR – Das Ei rollte über den Käfigboden und blieb hinter der Barriere liegen. Sprosse sah es an – es war kalkweiß und blutbefleckt. Sie hatte seit zwei Tagen keines mehr gelegt und hätte nicht geglaubt, das sie überhaupt noch dazu in der Lage war. Und doch, hier war es – ein kleines trauriges Ei.“
Ich war nach diesem Absatz und den drei darauffolgenden so geschockt, das ich dieses Buch und seinen schaurigen Inhalt erst mal wieder zur Seite legen musste.
Aber ich bin ja eine Leserin mit Ehrgeiz. Vor allem wenn es um Bücher mit Hühnern geht. Zum Glück. Denn hätte ich mich bereits von diesen ersten drei Absätzen einschüchtern lassen, dann wäre mir wohl eines der tiefgreifendsten Bücher meines bisherigen Leselebens entgangen.
Wobei ich direkt zum Anfang sagen muss, die Erzählung ist nichts für zimperliche Hühnerversteher. Den darum geht es hier nicht. Unsere Heldin, das Legehuhn Sprosse steht in Wahrheit gar nicht für ein Huhn. Und die Scheune in der sie immer wieder vergebens Schutz sucht aber Eins ums Andere mal rüde abgewiesen wir, ist auch in Wirklichkeit keine Scheune. Genau so wenig wie das Wiesel ein Wiesel ist.
All diese Figuren, Orte, Situationen und Dinge die in dieser Erzählung eine Rolle spielen sind nur Metaphern.
Ich muss gestehen das mir diese Einsicht auch erst auf den letzten Seiten aufgegangen ist. Aber besser spät als nie. Denn plötzlich ergibt alles einen Sinn. Die Aufgabe des Lesers ist in sich selber zu schauen und zu erkennen was in seinem Leben die Scheune darstellt. Den Ort an dem man immer wieder Schutz sucht, der einem aber nicht gut tut. Oder zu erkennen wer dein wirklicher Freund ist und vor allem warum. Aber die wichtigste Frage von allen ist in meinen Augen die, was in meinem Leben das Ei ist, das sich Sprosse so sehr wünscht… Eine wichtige, aber auch für mich die schwierigste. Ich habe alles andere erkannt. Die Scheune, das Wiesen, die Hoftiere, den Freund. Aber was ist das Ei in meinem Leben?
Was ist dein sehnlichster Wunsch? Ich finde das garnicht so einfach zu beantworten.
Diesen Beitrag habe ich mit dem karminroten Lesezimmer und der dortigen Junibüchern verlinkt.